4. Oktober 2020 - Keine Kommentare!

Verblühte Rosen

Verblühte Rosen
Rainer Juriatti

Es gab keinen Entrüstungssturm. Im Stillen bin ich gegangen.
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Es gab keinen Entrüstungssturm. Im Stillen bin ich gegangen. Doch nicht dieser Stille wegen blieb mein Gehen unwidersprochen. Kommentiert wurde mein Tun allein durch die rasche Auszahlung meiner Beiträge.

Das Gehen bestimmt inzwischen mein Dasein. Aus Freundschaften, die keine sind, wirst du nicht entlassen. Es wird getan, als ob. Weil es ja niemandem etwas bedeutet. Ich aber mag weg gehen von Menschen, die dauerhaft oberflächlich bleiben. Oberflächlich, weil sie nichts anzufangen wissen mit mir. Einer sagte unlängst, ich sei nicht auszuhalten. Er war der Letztverbliebene, von dem ich dachte, er sei mein Freund. Und eine andere meinte, sie hätten viel Spaß gehabt an jenem Tag, an dem ich nicht dabei war.

Spätestens, wenn du bemerkst, dass dich niemals irgendwer anruft, um mit dir zu plaudern, dann weißt du, dass du keine Freunde hast. Spätestens, wenn das Erzählen deiner Geschichten im Keim erstickt wird, dann weißt du, dass es kein Ohr für deine Seelensachen gibt. Spätestens, wenn du bemerkst, dass es anderen wohl tut, wenn du nicht da bist, dann weißt du, dass deine Freunde niemals deine Freunde waren. Im Bogen des Lebens beantwortet sich in all dieser mehrfach gemachten bitteren Erkenntnis, weshalb Menschen einsam sterben.

Daran denke ich in diesen Tagen: Wenn der eine dem anderen nichts zu bieten hat, wenn sie oder er keine Dienste mehr leisten kann, wenn sie oder er nicht schmeichelt und umgarnt, ist sie oder er dem anderen nichts wert. Jeder von uns läuft Gefahr, zur verblühten Rose in der Vase zu werden. Entsorgt ohne jedes Bedauern.

Veröffentlicht von: Rainer Juriatti in Text

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