A BISSL FRAUENKUNST UND ERDBEEREN
von Rainer "Yuri" Juriatti
Ich weiß, da ist es wieder: Erneut werde ich mir keine Freunde machen. Erneut riskiere ich Hausverbot. Dennoch soll es – mit einem Lächeln natürlich – erzählt werden, da die Männerwelt sich beharrlich einer wirklich grundlegenden Veränderung unserer Gesellschaft zu verweigern scheint. Hier also die Geschichte:
Drei Frauen. Carola Deutsch, Tamara Kolb und Marion Rauter. Drei tolle Künstlerinnen mit einer handwerklichen wie kreativen Brillanz, die sich international messen lässt. Drei Mal „die Kraft der Weiblichkeit“. So stand es auf der Einladung. Man hätte viel über die Kunst der drei Frauen erzählen können (Eine der drei kenne ich aus einem Atelierbesuch, bei dem ich von ihr tätowiert wurde: Eine Frau voller Visionen und genialem Tiefgang!). Davon aber hörte man nichts an diesem Abend. Vielmehr erlebten wir eine von egomanischen, ja chauvinistisch-gönnerhaften Männerworten dominierte Ausstellungseröffnung.
So sieht misslungenes Ausstellungsmanagement aus, waren wir uns – meine Frau und ich – nach wenigen Minuten einig, kombiniert mit undurchdachtem, unsinnigem Gerede. Der Landesrat kommt 25 Minuten zu spät und begründet sein verzögertes Erscheinen mit einem Unfall, der eine Straße blockiert habe, ein Unfall, der von einem „Macho“ verursacht worden sei, von einem Testosterongesteuerten. Möglicherweise meinte er, damit die Frauenherzen zu erobern. Wird die Kraft des Weiblichen durch antimaskuline Witzchen aufgefettet? (Die Künstlerinnen jedenfalls hatten das in keinem ihrer gezeigten Werke nötig.)
Die undurchdachten Sätze dieses Mannes allerdings waren nur Anlass, aufzustehen und den Saal zu verlassen. (Nicht nur für uns, sondern für zahlreiche Gäste.) Davor nämlich war der „Hausherr“, der für alle Vernissagen im Steiermarkhof zuständig ist, zwanzig unerträgliche Minuten am Rednerpult gewesen. Seine Vernissagerede bestand inhaltlich aus Platitüden und gefaselten Platzhaltern, die wohl auf jeder Vernissage funktionieren. Seine Bausteine bestanden dabei aus allgemein bekannten Aussagen zur Kunst, garniert mit immer und immer wieder wahrzunehmenden, gönnerhaften Betonungen, dass der Steiermarkhof (und damit er) Frauen Raum einräume und er künftig jedes Jahr eine Ausstellung zum Thema machen wolle. Diese seine Entscheidung nannte er historisch: „Wenn die große Ausstellung zum Thema ‚Die Kraft der Weiblichkeit‘ im Steiermarkhof über die Bühne geht, so ist das nicht nur ein wichtiger Moment für die Kunst in der Steiermark, sondern auch ein bedeutender Augenblick für Frauen in der Kunst.“ Der daran anschließende, oben bereits erwähnte Landesrat wandte sich in seiner Rede dann vollinhaltlich den Leistungen des Hausherrn „Hansi“ zu, den er in alter Freundschaft so nennen dürfe. Die Künstlerinnen erhielten – wie es sich für anständige Männer gehört – Blumen überreicht.
Meine Frau und ich, wir fragten uns, wo die Frauen blieben? Wie kann man eine Vernissage mit der Kraft des Weiblichen so denunzieren? Warum keine Vernissagerednerin? Warum keine Literatur aus Frauenhand? Einzig eine 19jährige Saxophonistin namens Mahler durfte zwischen den Redeblöcken ihr Talent zum Besten geben. Bei Nennung ihres Namens muss ich mich auf mein Gehör verlassen, denn fast selbstredend war ihr Name nicht im Programm zu finden, es genügte, dort den Namen des Hausherrn, des Landesrates sowie die Namen der beiden männlichen Musiker, die das Leerfegen des Buffets begleiteten, zu veröffentlichen.
Das hochbegehrte, bis zur Eröffnung bewachte, dann sofort gestürmte Zentrum der Ausstellung bestand aus Erdbeeren mit Schlagsahne, dazu Gebäcksticks. Eine kulinarische Anspielung dekadenter, sexualisierter Männerphantasien? (Zitat aus einem Erotikratgeber: Ein bisschen Sahne oder ein paar Erdbeeren sind im Bett erlaubt! Auch mit saftiger Melone klappt die erotische Verführung.)
In Summe: Ein Mann gibt Frauen einen Raum. Ein Landesrat unterstützt den Mann, der Frauen einen Raum gibt. Die Frauen sind gezwungen, lächelnd daneben zu stehen, weil man ihnen Raum gibt und sie aus Männermund hören dürfen, dass auch Günther Brus’ Gattin viel für die Kunst ihres Mannes getan habe, weil sie bei seinen Aktionen immer dabei war und damit dem Wiener Aktionismus einen großen Dienst erwiesen habe. Ob dieser Abend den drei Künstlerinnen einen Dienst erwies, das steht in den Sternen.
Hier geht's zu CAROLA DEUTSCH, TAMARA KOLB und MARION RAUTER.
Veröffentlicht von: Rainer Juriatti in der Kategorie des Notwendigen, Text