Am 18. Oktober fand die Aufzeichnung zu 2 Minuten 2 Millionen statt, jener Sendung, die vor fünf Tagen ausgestrahlt wurde. In der Nacht nach der Aufzeichnung war an Schlaf nicht zu denken. Und so saß ich irgendwann am Schreibtisch und habe das Folgende notiert.
(Bilder mit freundlicher Genehmigung der Eltern. Kopien und weitere Veröffentlichungen sind nicht erlaubt.)
Eine Trompetenfanfare durchdringt den Wohnraum. Das Smartphone zeigt den bekannten roten Bildschirm. Alarm. Die Tonfolge kennen wir bereits gut. Und auch die Abfolge danach. Jeder von uns weiß, was er zu tun hat.
Ist es ein Schattenbildchen des Firmengründers? Oder ist es doch ein Mohr? Ist es Männlein? Oder ist es gar ein dem Männlein nun nachgestelltes Weiblein? Für mich ist es eher Letztes. Ich meine das Allerletzte. Oder wie auch immer.
Gegen eines wollte ich mich stets verwehren: Unabhängig aller Nachrichten aus den uns beliefernden Kanälen, unabhängig zunehmender, bitterer Lebenserfahrungen, auch unabhängig aller persönlicher Rückschläge, unabhängig der vielen Niederlagen meines Lebens wollte ich niemals, wollte ich in meiner Alterskurve keinesfalls eines werden: verbittert & einsam. Es ist mir nicht gelungen.
Es war mir real, so gänzlich ungeschminkt grausam, brutal und Albträume verursachend bis gestern nicht möglich, überhaupt in Erwägung zu ziehen, jemanden zu töten. Es ist das grässlichste, das der Mensch einem anderen Menschen antun kann. Bis gestern dachte ich in dieser und keiner anderen Weise.
Als im November 2006, also vor 16 Jahren, der Putin-Kritiker Alexander Walterowitsch Litwinenko in London mit radioaktivem Polonium verseucht und folglich grausam umgebracht wurde, da fragten sich viele Menschen, wie weit der KGBler und inzwischen Russenpräsident Putin noch gehen würde, um unliebsame Überläufer loszuwerden.
Ein paar Worte als Verleger. Gestern hat ein alter Mann bei Andrea Wecke aufgrund eines Bildes, das ihre druckfrischen Bücher zeigt, gepostet, er wolle wissen, was sie so schreibe. Als unsere Autorin nicht antwortete, meinte er, sie sei kompliziert, jetzt müsse er sich die Mühe machen, woanders nachzusehen. Als ich mich dann auch noch einmischte und lächelnd meinte, er solle doch einfach ihr Buch kaufen, bot er mir eines seiner Werke zum Austausch an und fragte bei Andrea Wecke nach, ob ich immer so „agro“ sei.
Als wir lange noch keine Masken trugen von Rainer Juriatti
Die Erinnerung ist stark und durchbricht seit einigen Wochen immer wieder meinen Alltag: Gemeinsam mit meinen Brüdern sitze ich im Schlammsand, kleine Wellen umspülen unsere Knie. Wir greifen in den Meeresstrand und lassen den Matsch durch die geschlossene Faust tröpfeln. So entstehen kleine Bäume. Inzwischen sind wir alle mutiert. Wir, die Monster. Wir, die dunklen Gestalten.
Luftig. Dennoch intim, fast heimelig in punktuell gesetztes Licht getaucht. So wirkt die große Halle, die wir über Betonstufen betreten. Noch nie haben wir ein Interview gegeben inmitten einer Kunstausstellung. Die Werke an den Wänden stammen von einer Frau, die eine Sprache für das Dasein sucht. Wir auch, wie oft schon.