Gestern. Starker Regen in Graz, viel zu kalt für diese Jahreszeit. In der Früh ein Essay in der Tageszeitung. Die Welt wird untergehen. Uns allen bleiben noch zehn Jahre Zeit, unsere Leben vollkommen zu ändern. Durch den Regen ins Rathaus. Die Stadträtin wollte ein Gespräch, doch sie versetzt mich. Zurück in meine Schreibstube. Organisatorische Telefonate für die Lesetour im Herbst. Eine Sekretärin wimmelt mich ab. Es scheint ihr ziemlich egal zu sein, dass ich seit einem Jahr auf eine Antwort warte. Der Chef habe viel zu tun. Gleichgültigkeit schwappt durchs Telefon. Dann ein Alarm auf meinem Smartphone. Ein Sternenkind ist zu fotografieren.
Bei unseren Reisen, die uns inzwischen durch die Steiermark, nach Kärnten, ins Kleinwalsertal und durch ganz Vorarlberg geführt haben, schweige ich meistens. Wenn Philipp, Arnold und Rainer auf der Bühne sind, dann schweige ich sowieso. Ich sehe das Publikum, ich sehe die Hände, die sich halten, ich sehe die weinenden und dann auch die lächelnden und manchmal auch zustimmend nickenden Gesichter. Und später, in den Foyers am Büchertisch, da komme ich mit Paaren und Frauen ins Gespräch.
Was bleibt ist Pablos Baum Vom Vorlesen, Artikeleinladungen, Zusammentreffen mit Menschen und: dem Baum. Rainer Juriatti
Eigenschaftsworte des Vornehmen. Eloquent, aufgeräumt, zuvorkommend. Allerdings, Verzeihung, weiß ich es nicht mehr ganz genau. Ich kann mich nicht exakt daran erinnern, mit welchen Eigenschaftsworten ich den jungen Mann während unserer Begegnung tatsächlich ausstattete. Im Nachhinein erst blieb vielleicht das Elegante. Kerzengerade nämlich saß der junge Mann vor uns. Den ganzen Abend hindurch war er sehr zurückhaltend geblieben, hatte das Wort anderen überlassen, nur ab und an berührte er zärtlich die Hand seiner Frau, immer dann, wenn sie von Tränenwellen erfasst wurde. Manchmal zitterten seine Wangen, aber man musste ihn sehr aufmerksam betrachten, um es zu bemerken.
Okay. Das Internet zeigt uns. Ob rühmlich oder unverdient, das mag ich nicht beurteilen, dochVera und ich sind nun seit einem Jahr unterwegs, angetrieben vom Wunsch, Sternenkindern eine starke Stimme zu geben. Das Internet bleibt naturgemäß ja gerne an der Oberfläche hängen, an einigen Bildern, an wenigen Texten von oder über die jeweils Betroffenen. Dieser Gedanke kam mir entsprechend einem Parodoxon: Man findet nämlich sehr rasch Bilder von uns, auf denen wir herzlich lachen und auf die wir manchmal auch angesprochen werden, sei es positiv, sei es negativ.